DJI 0032b - Outremer

Der Einfluss unseres Energieverbrauchs ist mittlerweile ein wichtiges Thema, sowohl in unserem Alltag an Land wie an Bord unserer Boote. Über die gesellschaftliche Debatte hinaus, die Notwendigkeit möglichst schnell unsere Lebensweisen in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu orientieren, stellt sich für die Segler die sehr pragmatische Frage der Wahl Ihrer Motorisierung. Dank unserer Expertise in Schiffbautechnik und dem zahlreichen Kundenfeedback können wir heute die Frage, die sich alle stellen, sachlich beantworten: Sind Elektromotoren DIE Lösung, um unsere Treibhausgas-Emissionen zu verringern?

E-Motoren mit Verbrennungsmotoren zu vergleichen, kann ein heikles Thema sein. Motoren mit elektrischem Antrieb werden als DIE Lösung dargestellt, um unseren CO2-Ausstoß zu reduzieren. Aber es stellen sich viele Fragen: Ist die Technologie genug vorangeschritten, um eine zuverlässige Option für sogenannte Langfahrt-Katamarane darzustellen? Handelt es sich um die nachhaltigste Lösung? Oder gibt es seitens der Bootshersteller auch etwas Greenwashing?

Bei Outremer sind wir uns bewusst, dass eine sachliche Perspektive in dieser Debatte nötig ist. Dank unseres Fachwissens in Schiffbautechnik, unserer engen Beziehung zu unseren Kunden, deren Feedbacks und die drei Jahre am Steuer des Null-Emissions-Modells „4-zero“, können wir Ihnen diesen ausgewogenen Standpunkt anbieten.

Der lang ersehnte Augenblick in See zu stechen, ist gekommen. Alles ist bereit: Der Kühlschrank ist mit leckeren Vorräten überfüllt, Wasser ist vorrätig, die Waypoints sind in Ihrem Tablet eingegeben und das Wetter ist ideal, um den Spinnaker zu hissen. Nachdem Sie einen ganzen Tag lang die elektrischen Winschen und die Bordelektronik betätigt haben, befinden Sie sich nun in der Abenddämmerung am idyllischen Ankerplatz, von dem Sie schon seit Monaten geträumt haben. An Bord läuft der Wassermacher, ein Teil der Besatzung ist dabei ein leckeres Abendessen vorzubereiten und hört dabei Musik, während andere gerade unter der warmen Dusche stehen oder eine Runde Netflix schauen. 24 Stunden später, mit Jod und Vitamin D vollgetankt, fühlen Sie schon, dass Ihre Batterien seit der Abfahrt vom Hafen aus wieder voll sind und Sie neue Energie getankt haben. Aber die Ihres Bootes entleeren sich zusehends, da Sie bei dem schönen Wetter den Motorgenerator nicht gebraucht haben.

Innerhalb von 24 Stunden verbraucht ein 45-Fuß langer Outremer 10 kWh Strom. Dies teilt sich wie folgt auf: 3,5 kWh für elektronische Geräte, die für die Navigation unverzichtbar sind; 4 kWh für andere Haushaltsgeräte, wie Kühlschrank, Gefrierschrank, elektrische Winden und Innenbeleuchtung; das Erhitzen von 40 Litern kaltem Wasser verbraucht 1 kWh, was bei sparsamer Nutzung in der Regel für vier Personen zum Duschen und Waschen ausreicht; die letzten 2 kWh werden verwendet, um zwei Mahlzeiten mit einem Induktionskochfeld zu kochen, oder wenn Sie nicht über eine solche Kochplatte verfügen, können Sie über einen Wechselrichter den Wasserkocher aufsetzen, oder vielleicht benötigen Sie 1 kWh, um mit dem Wassermacher 150 Liter Wasser zu erzeugen; Sie können damit den Geschirrspüler oder etwa die Waschmaschine betreiben.

Anmerkung: Obwohl es sich um Daten von wahren Erlebnissen handelt, wissen wir, dass der Energiebedarf, die Herstellung und die Speicherung für jeden von uns unterschiedlich sind. Auch wenn Sie von diesen Zahlen nicht direkt betroffen sind, ermutigen wir Sie dazu eine pragmatischere Sichtweise zur Energie, die Sie verbrauchen und die Energie, die Sie herstellen können, einzunehmen und diese, wie wir es hier gemacht haben, zu vergleichen.

Die gute Nachricht ist, dass wenn Sie ein zu 100 % elektrisches Boot besitzen, es theoretisch möglich ist, genug nachhaltige Energie herzustellen, um Ihren täglichen Bedarf zu decken. Bei sonnigem Wetter produzieren die auf den Davits und auf dem Roof installierten Solarmodule die ungefähr benötigten 10 kWh. Wenn es bewölkt ist, kann Ihre Durchschnittsgeschwindigkeit von 8 Knoten 4 oder 5 kWh erzeugen. Das ist zwar für den Rundum-Komfort nicht ausreichend, Sie können aber trotzdem Ihre elektronischen Systeme und den Kühlschrank betreiben.

Die schlechte Nachricht ist, dass wenn Sie bei bewölktem Wetter und leichtem Wind mit einem elektrischen Segelboot unterwegs sind, sich die Stromerzeugung schwieriger gestaltet. Sie ist sogar unmöglich. Und auch gefährlich! Für Küstensegler kann das Problem behoben werden, indem sie ihre Fahrten rund um Marinas und Landstromanschlüsse planen, um Energie zu tanken. Für Blauwassersegler ist das Risiko jedoch zu groß. Strom an Bord eines Katamarans ist notwendig, um die lebenswichtigen Systeme auf See zu betreiben, wie die Wasserherstellung, der Motorantrieb im Notfall oder zum Funktionieren der elektronischen Geräte, wie das Navigationssystem und das VHF-Radio. Segler wissen es nur zu gut: Die Natur und die Wetterbedingungen sind bekanntermaßen unberechenbar. Es wäre verrückt, sich auf die Beständigkeit des Windes oder der Sonne zu verlassen. Bislang ist ein komplett elektrisches Boot noch nicht ganz praktisch und sicher. Es sei denn, Sie sind bereit Ihre Systeme an Bord zu vereinfachen und sich auf das strikte Minimum zu beschränken: keinen Kühlschrank, keinen Wassermacher und eine sehr einfache Elektronik. Und sogar dann, wäre das realistisch?

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Die allgemeine Antwort auf das Problem der autarken Energieversorgung auf See ist die des Stromaggregats, das von Ihrem Verbrennungsmotor angetrieben wird. Leider ist es sperrig, laut und wenig umweltfreundlich, denn es benötigt Treibstoff. Sie können auch die Anzahl der Nächte auf See oder am Ankerplatz verringern und Ihre Segelreise so planen, dass Sie so oft wie möglich am Anleger Strom tanken können. Zuletzt können Sie sich für ein Hybrid- oder Elektroboot entscheiden, um Ihren Energieverbrauch zu senken. Es ist mittlerweile anerkannt, dass diese zwei Alternativen die Zukunft der Freizeitschifffahrt darstellen. Aber sind wir uns der damit verbundenen Nachteile auch wirklich bewusst?

Ein Hybridmotor, bei dem ein Verbrennungsmotor und ein Elektromotor kombiniert sind, ist leiser und etwas kraftstoffsparender als ein Verbrennungsmotor. Auch wenn er die Lösung zum Umweltdilemma der Segler-Community zu sein scheint, bleibt seine Autonomie trotz des relativ hohen Preises begrenzt, denn es muss ein Diesel-Generator mit eingebaut werden, um die Batterien aufzuladen sowie die Versorgung und Entlüftung zu verändern. Darüber hinaus erfordert ein Hybridantrieb mehr Platz und das Pannenrisiko ist aufgrund der komplizierten doppelten Antriebstechnologie erhöht. Auch der Elektromotor bietet viele Vorteile: kompakt, wartungsfreundlich, geruchs- und vibrationsfrei etc. Das Aufladen findet an Land an Ladestationen oder über Solaranlagen statt. Bei gleichem Gewicht, bietet Treibstoff immer noch eine größere Reichweite als hochleistungsfähige Batterien, die zusätzlich auch noch zahlreicher sein müssen als bei einer Hybridanlage.

Stark engagiert bei der Suche nach immer umweltfreundlicheren Lösungen, bietet die OUTREMER-Werft seit 3 Jahren ein „Null-Emissions-Modell“ an: der 4 Zero. Als erster Langfahrt-Katamaran, der zu 100 % mit einem elektrischen Antriebssystem ausgestattet ist (inklusive Batterien, elektronisches System und Motoren), wurde der Prototyp für die Challenge Elcano von Jimmy Cornell gebaut, mit dem Ziel in die Fußstapfen des Magellans zu treten und eine 33.000 Meilen lange Reise völlig CO2-neutral zu absolvieren. Der erste Teil seiner Reise hat es ihm ermöglicht, die Einschränkungen besser einzuschätzen, mit denen die Segler, die ein elektrisches System kaufen wollen, konfrontiert sind. Insbesondere die Kosten, die 30 bis 50 % höher sind als bei einem Segelboot mit Verbrennungsmotor, auch wenn langfristig gesehen die Ersparnisse beträchtlich sind. Es ist offensichtlich, dass die Herausforderung, mit der die gesamte Wassersportindustrie derzeit konfrontiert ist, darin besteht, den Bootseignern abhängig von der geplanten Segelroute eine echte Energieunabhängigkeit zu verschaffen. Auch wenn die 4-5 kWh ausreichend sind, um einen Katamaran bei ruhiger See und Windstille vorwärtszubringen, braucht es etwa 25 kWh, um bei 25-Knoten Wind mit einer Dünung von einem Meter zu kreuzen (diese Zahl kann bei einem schwereren Boot mit entsprechend großer Windangriffsfläche mit 2 oder 3 multipliziert werden). Sogar für einen Outremer, deren dünne Rümpfe ihm einen geringeren Widerstand gegen die Fortbewegung verleihen und ihm ermöglichen, bei leichter Brise erfolgreich zu segeln.

Der Elektroantrieb (der manchmal ein getarnter Hybridantrieb ist) ist aus unserer Sicht noch nicht zufriedenstellend. Man kommt nicht umhin festzustellen, dass wenn man diese Technologie wählt, man zurzeit auch bereit sein muss seine Auffassung vom Segeln zu ändern und zu den Grundlagen der vorigen Jahrzehnte zurückzukehren: mit Gas kochen, die Nutzung der Segelelektronik und Audio- und Videogeräte reduzieren, sich philosophisch damit abfinden, dass man seine Planung nicht immer einhalten kann, nur bei günstigem Wind segeln, bei rauen Bedingungen darauf verzichten, am Wind zu segeln etc. Aber es bleibt immerhin noch die Frage der Sicherheit, die unserer Meinung nach die wichtigste in dieser delikaten Fragestellung ist, die sowohl die Werften als auch die Nutzer beschäftigt. Ist man bei einer Panne, einem medizinischen Notfall oder nicht vorhergesehenem schlechtem Wetter, das das Boot und die Besatzung in Gefahr bringen würde wirklich bereit ausschließlich von einem E-oder Hybrid-Motor abhängig zu sein?

Jede Generation von Seglern hat ihre Werte, ihre Ideale, ihre Versuche und ihre visionären Ideen. Zögern Sie nicht, und teilen Sie Ihre Erfahrungen!